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Der Niederrhein fängt eigentlich schon hinter Köln an, doch seine landschaftlichen Reize, die Ruhe die über dem flachen Land schwebt, erschließt sich einem erst richtig weiter rheinabwärts. Dort, wo sich der Rhein in großen Bögen durch die flachen Auen schwingt und zahlreiche Altarme dem Land sein Gesicht geben. Hier ticken die Uhren langsamer, man entspannt und lässt die Hektik des Alltags hinter sich.
Wir starten in der „Seenstadt“ Nettetal, mitten im Herzen des Naturparks Maas-Schwalm-Nette gelegen, geprägt durch die bewaldete und feuchte Flussniederung des Flüsschens Nette und zahlreiche Seen. Gut ausgebaute Landstraßen tragen uns unaufgeregt nach Norden. Der Verkehr hält sich in Grenzen und dem entspannten Cruisen wird ausgesprochen wenig Widerstand entgegengesetzt. Das Land ist weit, flach und - fast -kurvenlos. Wir passieren das Spargeldorf Walbeck und durchfahren kurz darauf Kevelaer. Die Stadt wurde 1642 von der katholischen Kirche zum Wallfahrtsort erkoren. Die Folge:

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Schloss Wissen
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große Pilgerströme setzten ein. Heute hoffen hier jährlich 800.000 Fromme auf den himmlischen Segen.
Südlich von Weeze stoßen wir am Ufer der Niers auf das romantische Wasserschloss Wissen, seit 500 Jahren der Stammsitz der Familie von Loë und einer der bedeutendsten Adelssitze am Niederrhein. Es kann nicht besichtigt werden, doch allein der Anblick ist eine Rast wert.
Wir können uns ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als wir wenig später einen Hinweis auf die „Sonsbecker Schweiz“ lesen. Viel Wald, ein paar Hügel. Der Höhenzug misst an der höchsten Stelle stolze 85 Meter! Das sind für Rheinländer schon echte Berge!!
Der weitere Weg nach Kalkar führt über historischen Boden: Unsere Motorroller rollen auf der ehemaligen Via Romana. Zwar ist von den antiken Steinquadern heute nichts mehr zu sehen, doch am schnurgeraden Verlauf der Straße erkennt man, dass die Römer damals stets die direkte Verbindung zwischen zwei Punkten suchten. Bald erreichen wir das kleine mittelalterliche Städtchen Kalkar, das weniger durch sein eindrucksvolles Stadtbild bekannt ist, als vielmehr durch das 1,8 Milliarden Euro teure Kernkraftwerk „Schneller Brüter“, das nie in Betrieb ging und heute als Freizeitzentrum betrieben wird. Ein Stück weiter treffen wir auf Väterchen Rhein, die Lebensader des Landstrichs. In der Ferne hören wir die Schreie von Wasservögeln und das rhythmische Tuckern eines Schiffsdiesels. Ansonsten Stille. Frische Luft strömt unter den Helm, die Sicht weitet sich. Es ist diese unaufgeregte Sanftheit und die Ruhe, die den Reiz des platten Landes am Niederrhein ausmacht.

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Deich bei Düffelward
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Diese Tour führt uns so dicht wie möglich an den Rheinauen und Deichen vorbei und vermittelt echtes Niederrhein-Feeling. Es ist der Fluss, der die Stimmung prägt. Der breite, schnell dahinfließende Strom weckt Fernweh. Seine stillen Seitenarme hingegen lassen eine ganz eigenartige, heimelige Stimmung aufkommen. So wird unsere Tour am Niederrhein zu einer faszinierenden Mischung aus roten Backsteinbauten, dörflichen Idyllen, stillen Wassern und einsamen Sträßchen. Schon von Weitem sehen wir die Attraktion Emmerichs, die mit 1.228m längste Hängebrücke Deutschlands, die „Golden Gate Bridge“ vom Niederrhein. Eine rotfarbene, 12.500 Tonnen schwere, von 124 Tragseilen gehaltene Konstruktion. Würde man ihre Einzeldrähte aneinanderlegen, ergäbe das eine Länge von 10.000km
Gleich hinter der Brücke folgen wir dem Schild nach Griethausen. Breiter, ordentlicher Asphalt. Geradeaus führt die Straße an einer Industrieanlage vorbei zum Rhein. Wir fahren unter Alleebäumen dicht am Ufer entlang, betrachten den Schiffsverkehr und genießen die etwas weltentrückte Stimmung dieser Ecke. Ein Stück vor Düffelward erklimmt das Teerband dann den Deich und folgt auf den nächsten Kilometern seiner Krone. Der Ausblick ist phantastisch. Auf der rechten Seite der Rhein, links so weit das Auge reicht Bauernhöfe, Schafherden und Pferdekoppeln. Immer wieder leichte Wechselkurven, Tempo 70. Schneller geht es ohnehin kaum. Wir würden ja sonst das Panorama verpassen.

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Rheinauen
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Nur am geänderten Baustil der kleinen Häuser erkennen wir, dass wir plötzlich in Holland sind. Millingen aan de Rijn, Kekerdom und Duffeltdijk nennen sich die kleinen Orte. Übrigens, in den niederländischen Rheinauen haben wir viele Störche sehen können, das erlebt man auch nicht alle Tage. Was folgt ist die Landetappe dieser Tour. Die Straße windet sich zwischen Spargelfeldern und goldenen Löwenzahnwiesen hindurch und gibt der Nase reichliche Gelegenheiten, sich an die unterschiedlichsten Düfte der Landwirtschaft zu gewöhnen. In Mook treffen wir auf die sich breit und ruhig dahinschlängelnde Maas. „Mooder Maas“, wie die Limburger den Fluss liebevoll nennen. Heideflächen, Flussdünen und Moorlandschaften formen hier zusammen eine sehenswerte Landschaft mit herrlicher Aussicht über das Maastal. Ausflugsdampfer und schwer beladene Lastkähne gleiten an uns vorbei. Da kann man die Seele baumeln lassen.
Blitterswijk, die pittoresken Dörfchen Broekhuisen und Broekhuisenvorst mit ihrem Straßenpflaster aus Masskieseln sind die nächsten Stationen unserer kleinen Niederrheintour. Auf einer kleinen Fähre setzen wir ans andere Ufer über. An der ehemaligen Festungsstadt Arcen, einem besonders idyllischen und beliebten Ausflugsziel an der Maas vorbei, durch das weitläufige Gebiet der Maasduinen (Flugsanddünen), erreichen wir wieder heimatlichen Boden.
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